1. Gott schenkt dem Menschen Freiheiten
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Gott hat den Menschen mit inneren Neigungen, Sehnsüchten und Wünschen geschaffen – ein Wesen, das seinem Ebenbild entspricht. Bis zum dritten Kapitel in der Bibel überschnitten sich der Wille des Menschen mit dem Willen Gottes. Aber warum erlaubt Gott es dem Menschen einen eigenen Willen zu haben? Täte er es nicht, wäre das Leben so viel einfacher. Die Frage nach dem Bösen wäre völlig überflüssig, denn das Böse würde überhaupt nicht existieren. Um diese Frage zu beantworten, müssen wir uns zuerst etwas anderes anschauen:
2. Wozu wurde der Mensch überhaupt geschaffen?
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Das ist ein harter Brocken. Theoretisch kann ich ihn beantworten, verstanden habe ich ihn noch nicht vollständig. Also: die Bibel, das Buch mit den weltweit meisten Abschriften und der höchsten Glaubwürdigkeit, beschreibt den Sinn des Lebens sehr simpel: Der Mensch ist dazu geschaffen, berufen und bestimmt, um Gott zu loben. So wie in uns die Sehnsucht nach etwas Ewigem liegt, so sehnt sich Gott nach einer Beziehung zu seinen Geschöpfen, nach Gemeinschaft mit mir. Kein unterwürfiger Kult, sondern ein anerkennender Respekt.
Als ich im Alter von 16 für ein Jahr in den USA lebte, wurde mir auf einmal klar, was meine Eltern alles auf sich genommen haben, um mir und meiner Schwester ein Zuhause zu bieten. Schlagartig erkannte ich das Opfer, das sie brachten, um Eltern zu sein: Wo sie zurückgesteckt haben, wo sie investiert haben – und alles nur aus Hingabe zu mir. Damals bekam ich ein unglaublich schlechtes Gewissen, dass ich mich noch ein paar Monate zuvor typisch pubertär verhalten hatte und mich entschied, meine Mama für eine gewisse Zeit anzuschweigen. Ich war ignorant und egoistisch. Aber in diesem einen Moment, in dem mir bewusst wurde, was meine Eltern aufgegeben haben – für mich – da konnte ich nicht anders, als ihnen zu danken und ihnen Anerkennung zu zeigen.
Und was hat das mit Gott zu tun?
Die Bibel schreibt, dass Gott seinen Sohn Jesus opferte, dass wir errettet werden und in’s ewige Paradies eingehen können. Wenn ich erkenne, welch großes Opfer Gott für mich am Kreuz brachte, begreife ich, welch einzige logische Konsequenz sich daraus für mich ergibt: Dankbarkeit und echte Liebe. Echte Liebe resultiert aus der Freiheit, eine eigene Entscheidung (nämlich dafür oder dagegen) treffen zu können, also freiwillige Liebe.
Okay, nun hat der Mensch sich im Garten Eden daneben benommen und sich gegen den Willen Gottes gestellt – was sein gutes Recht war, er hatte ja die freie Wahl. Es hatte jedoch fatale Folgen. Bereits im vierten Kapitel der Bibel kommt es zum ersten Mord (Kain ermordet Abel) und in Kapitel 6 beschreibt der Autor, dass “Gott sah, dass die Bosheit der Menschen groß war und dass alle ihre Gedanken durch und durch böse waren.” – wohin hatte sich seine Welt, die er einst als “sehr gut” bezeichnete, da nur hin entwickelt?! Und warum stoppt Gott diese Entwicklung nicht? Das bringt mich zur nächsten Frage:
3. Wenn Gott allmächtig ist, warum lässt er das Leid dann zu?
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C.S. Lewis, ein bekannter irischer Schriftsteller und Literaturwissenschaftler, bringt es in einem Zitat treffend auf den Punkt: “Gewiss wäre es Gott möglich gewesen, wie durch ein Wunder die Folgen der ersten Sünde zu beseitigen. Er hätte Abel wieder lebendig machen können, aber das hätte nicht viel genutzt, wenn er nicht gleichzeitig auch bereit gewesen wäre die Folgen der 2. Sünde, und die der 3. und 4. und (…) wieder gut zu machen. Hätten Gottes Wunder irgendwann aufgehört, wären wir früher oder später doch zu unserem gegenwärtigen Zustand gelangt, oder? Hätten diese Wunder nicht aufgehört, wäre die Welt durch fortwährendes göttliches Eingreifen abgesichert und korrigiert. Eine Welt, in der nichts, das passiert, jemals von einer menschlichen Entscheidung abhängig wäre. Wir wären Marionetten.” (aus: Über den Schmerz)
Leid ist also die Folge des Losgelöst-Seins von Gott. Und Gott lässt es zu, weil er kein Theater Regisseur ist, sondern weil er Gott ist, der jedem seiner menschlichen Geschöpfe eine Entscheidungsfreiheit und einen Handlungsspielraum zugesteht. Was mich zur letzten Frage bringt:
4. Wo soll das Ganze enden?
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Das Böse, das wir in unserer Welt erleben, ist auch ein Zeichen von Vorläufigkeit, denn Jesus sagt selbst: „Siehe, die Hütte Gottes bei den Menschen! Und er wird bei ihnen wohnen, und sie werden sein Volk sein, und Gott selbst wird bei ihnen sein, ihr Gott. Und er wird jede Träne von ihren Augen abwischen, und der Tod wird nicht mehr sein, noch Trauer, noch Geschrei, noch Schmerz wird mehr sein; denn das Erste ist vergangen. […] Siehe, ich mache alles neu.“ (Off. 21,3-5) Mit dieser Hoffnung lässt sich das Leid, das mir gegenwärtig begegnet, aushalten, denn das letzte Wort liegt nicht bei uns Menschen, sondern bei Gott. Und es ist noch nicht gesprochen!